Babys und Kleinkinder müssen erst üben, Formen zu sehen und etwas damit anzufangen. Man gibt ihnen runde, eckige und sternförmige Körper, die sie auf spielerisch anstrengende Weise durch passend geformte Schablonen in ein Behältnis stecken sollen. Durch langes Üben gelingt dies immer müheloser - schließlich allein durch die Absicht, ganz automatisch. Das Spielzeug wird mit der Zeit komplizierter, die Formen komplexer. Die darin gesetzten Bedeutungen sollen ihnen Sinn verleihen. So wird die Wahrnehmung der Welt mühsam gelernt. Und weil das Unsinnige nicht verstanden werden kann, wird alle Hoffnung in fortgesetztes Lernen gesetzt. Selbst diejenigen, deren Lernfähigkeit an eine Grenze stößt, zweifeln eher an sich und ihrem Verstand, als an der Sinnhaftigkeit des Gelernten. Blind folgen sie dem, was sie nicht wirklich verstehen.
Die Wahrnehmung der Welt ist die Projektion mühevoll antrainierter Gedanken und Bedeutungen aus dem Geist, der glaubt gelehrt worden zu sein, in Unterschieden zu denken: der urteilende Geist macht so die Illusion einer Welt der Trennung.
Die Schau wird nicht auf die Weise gelernt, wie das Sehen dieser Welt. Ganz im Gegenteil: das Sehen auf Illusionen muss verschwinden, um die dahinter liegende Wahrheit zu erkennen. Du mußt nicht üben, etwas anderes zu sehen und dem dann eine besondere Bedeutung geben. Die Schau wird andersherum erlangt: Das mühsam gelernte und geübte urteilende Sehen wird losgelassen; jede damit verbundene Anstrengung verschwindet; Formen sind genauso bedeutungslos wie Zeit; alles Vertrauen wird in die Wahrheit gesetzt; es gibt nur die Bereitwilligkeit, den offenen Geist, keine eigene Absicht.
Glaube nicht, dass dies anstrengend sei, auch nicht, wenn es sich so anfühlen mag. Der Geist, der falsch gelehrt wurde, folgert verdreht: Anstrengung sieht er als Entspannung, weil er es so gewohnt ist und kaum noch anders kennt. Mühelosigkeit und Loslassen ist für ihn anstrengend, weil es ungewohnt ist. Übung ist daher erforderlich, damit das Leichte wieder als leicht und die Wiederspiegelung der Wahrheit in der Schau erkannt wird. Darum üben wir: Lass meinen Geist den Gedanken Gottes nicht verleugnen. Wir lassen uns vom Heiligen Geist führen, völlig mühelos und leicht auf die eine Wahrheit zu blicken.